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Swordbrothers Festival IV

Swordbrothers Festival: Logo

Es hätte der Durchbruch für Deutschlands gemütlichstes Festival werden können. Der Wettergott meinte es erstmals gut mit dem Festival, wobei die drückende, schwüle Hitze in der Halle ziemlich ätzend war und mit dem Support des Rock Hard und der Anwesenheit dessen Chefklops Kühnemund hatte sich prominenter Besuch angesagt. Zudem waren viele Nasen zu sehen, die man sonst nur beim KIT zu Gesicht bekommt. Aber insgesamt etwa 400 Besucher brachten mal wieder lediglich die Kosten herein, da Veranstalter Volker Raabe die kompletten Flugkosten von Deadly Blessing übernommen hatte, woran sich andere Festivalveranstalter mal eine Scheibe von abschneiden sollten. Warum das durchaus mit einem schwächeren Billing gesegnete KIT VI in nur zwei Wochen 500 Karten verkauft und in Andernach "nur" Figuren auftauchten, ist mir ein Rätsel. 

Aber mal zum eigentlichen Event. Die beste Gemahlin von allen kutschierte mich nebst Kumpel Sigi Ketterer nach Andernach. Leider wurden wir durch zwei Flohmärkte ziemlich aufgehalten, so dass wir erst High Noon einliefen. Dort konnte man schon die erste Neuerung bewundern, aufgrund des erwarteten höheren Besucheraufkommens hatte man die Händler nach draußen in ein schnuckeliges Zeltchen komplimentiert, was dort zu Jubelarien über die saunaähnlichen Temperaturen führte, was Herrn Raabe nur zu einem achselzuckenden "Wer verdienen will, muss schwitzen" verleitete. Außer Costa Stoios von Iron Pegasus, der unentschuldigt fehlte, war das übliche Händlerpack vor Ort. Auch am Bierstand nur vertraute Gesichter, es ist immer wieder „like coming home „ in Andernach. Bier kostet nach wie vor faire 2,00 Euro für 0,3 Liter, was natürlich zu verstärkten Attacken auf den Schluckmuskel führte. Die zweite Neuerung war ein neuer Mann am Mischpult und dies war leider keine gute Idee. Während das SBF bisher mit einem absolut kristallklaren, transparenten Sound brillieren konnte, wurde nun ein ebenfalls transparenter Sound geboten, der aber leider durch die dominante Hervorhebung von Gesang und Drums die Gitarren viel zu weit in den Hintergrund drängte. Lediglich bei den Soli waren diese in vernünftiger Lautstärke zu hören und das kommt nicht gut beim Metal. Volker, hol den alten Mischer zurück! Aber sonst gab’s nichts zu Meckern, es ist immer wieder eine Freude zu sehen, dass mehrere Hundert Menschen sich auf einem so engen Raum betrinken können, ohne dass auch nur ein Funken Aggression entsteht. Leider wurde als dritte Neuerung erstmals der Auftritt einer Band abgesagt, da die Norweger aufgrund der Pleite Ihres Labels nicht antreten konnten. Es wurde jedoch kein Ersatz verpflichtet, den beiden Headlinern wurde kurzerhand je eine Viertelstunde mehr zugestanden.

Phoenix aus Frankreich enterte als erste Band die Bühne und gab damit ihr Debüt in Deutschland. Ich hatte von der Band mal vor einiger Zeit eine CD gehört und war von der Musik sehr, vom Gesang weniger angetan. Aber als dann Sänger Bertrand Gramond zum ersten Mal sein Maul aufriss, fiel mir fast der Bierbecher aus der Hand. Der Kerl sieht mit seinen kurzen Haaren aus wie ein Junge bei der Einschulung, singt aber wie ein Großer. Wirklich super! Er sollte lange Zeit der beste Sänger des Festivals bleiben. Auch die Band lieferte eine erstklassige Leistung ab, was sicherlich 100 Banger vor die Bühne und der Band Zugabenrufe brachte, Respekt. Wirklich eine famose Leistung der fünf Franzosen, die ihren phimosen Set mit den Coverversionen "Speed king" von Deep Purple (misslungen, ist uncoverbar) und dem französisch gesungen "Antisocial" von Trust (sehr gut) beendete.

Ebenso zum ersten Mal auf einer deutschen Bühne standen die Käseköppe Influence, die aber schon mit vier Alben aufwarten konnten. Der Band merkte man dies auch deutlich an, wenn auch Sänger Bas Assenbroek nicht an die Leistung seines Vorgängers heranreichen konnte und sich auch die Zuschauerzahlen vor der Bühne nicht vermehrte. Dennoch eine solide Leistung. Ebenfalls zwei Coverstücke von Priest ("Metal Gods" und "Breaking the law" – beide ehr mäßig) mussten aber nicht sein.

Danach krabbelten Stormrider auf die Bretter, die einen deutlich hörbaren Fankreis mit eigenem Bus herangekarrt hatten. Auch die Herner Jungs boten eine solide Show, konnten aber ebenso wie INFLUENCE nicht an die phantastischen PHENIX heranreichen. Ein paar Neuankömmlinge (Schönen Gruß an die Essener Suffköppe!) zwangen mich nach drei Songs aus der Halle, so dass mir hier weitere Infos fehlen, da auch mein unfähiger Vasall Sigi keine weitere Kunde über den Rest des Geschehens oder weitere Coverversionen verbreiten konnte.

Von Ravage kannte ich bisher nur deren Mini-CD "Curse of heaven", die mächtigen US-Metal bot und entsprechend gespannt war ich auf deren Show. Und die Band killte von Beginn an! Zwar konnte Sänger Al Ravage nicht durchgehend überzeigen, aber dafür bot besonders Bassist Howie Snow eine Stageperformance vom Allerfeinsten. Und was die Band abzog, war einfach nur noch geiler, teilweise in Speed-Thrash-Bereiche vorstoßender Metal. Besondern in einigen ausgedehnten Instrumentalpassagen entwickelte diese Band eine derartige Power, dass man förmlich nach einem imaginären Halt tastete. Mit diesem Gig, der immer mehr Zuschauer zog und lauthals abgefeiert wurde, haben sich die 5 Amis in die Herzen aller Anwesenden gespielt.

Danach sollten es Solemnity schwer haben. Leider konnten sie mich mit ihrer effektbeladenen Horrorshow nicht so recht überzeugen, was wohl auch einige Andere so sahen und sich der Platz vor der Bühne etwas leerte. Sänger Sven the Axe versuchte zwar mit kernigen Ansagen wie "Bewegt eure fetten müden Ärsche", hingerichteten Frauen und blanken Titten die Zuschauer zu animieren, was aber nur teilweise klang. Mir gefällt die Band trotz der Show und des hohen Unterhaltungsfaktors des Sängers auf Vinyl halt besser. Ein Besucher wurde wohl auch von dem funkensprühenden Schwert des Sängers auf dem Kopp verkokelt und kam mit leicht angesengtem Haarschopf fluchend in die hinteren Reihen. Es war also zumindesten gut was los bei Solemnity. Übrigens sollten Solemnity nach Ram auftreten, aber da die Schweden zu der Zeit noch nicht vor Ort waren, wurde der Ablauf kurzerhand umgestellt, was wohl zu einigen Differenzen hinter der Bühne führte.

Dass Ram sich jedoch diesen höheren Platz im Billing verdient hatten, machte deren abschließender Auftritt sehr deutlich. Diese Band sieht nicht nur nach Metal aus, sie strahlte das auch aus. Jeder Song wurde mit Inbrunst in den Saal gefeuert, Sänger Oscar Carlquist poste, was das Zeug hielt, sein Gesicht hinter der langen Matte sah man während der ganzen Show nur ein paar Sekunden. Er war auch der erste, der an die Sangesleistung von Phoenix heranreichte. Jedenfalls bewiesen die Schweden, dass man Judas Priest derzeit nicht braucht, so geil waren sie. Das sahen die gut 300 Leutchen vor der Bühne ebenso, die die Band abfeierten ohne Ende. Auch Ram brachten bereits mit dem zweiten Song ein Cover dar (Mercyful Fate-"Evil"), was ganz okay war. Mit einem kernigen "Heavy fucking Metal" verließ die Band die Bühne.

Deadly Blessing sollten eigentlich den krönenden Abschluss bilden, aber da die letzte Band meist die Arschkarte vor völlig ausgepumpten und besoffenen Fans zieht, hatte man sie auf die vorletzte Position des Billings positioniert. Und was soll ich sagen, genau wie beim KIT sang Ski nicht von dieser Welt. Unfassbar, diese Stimme. Zwar wurde auch hier nicht auf fremde Federn verzichtet (Maiden-"The trooper"), aber das konnte den triumphalen Set der Band nicht wirklich schmälern. Wer hier nicht anwesend war, hat den neben HARRY CONKLIN besten Metalsänger aller Zeiten (was high-pitched vocals angeht, sicherlich den besten) versäumt und wird ihn wahrscheinlich auch nicht mehr zu Hören bekommen. Denn ob noch mal jemand so verrückt wie Herr Raabe ist und der Band die gesamten Flugkosten spendiert, das wage ich mal zu bezweifeln. Dazu war ja noch nicht mal deren Label in der Lage.

Und dann kam, was kommen musste. Füße taten weh, Rücken tat weh, irgendwie tat alles weh und der ganze Alk seit Mittag hinterließ langsam auch Spuren. Also mal kurz auf dem Rasen neben der Frittenbude of Steel niedergebettet und dann kam er, der Leibhaftige persönlich. Uli Esser, seines Zeichens Herausgeber des METAL AGE, ließ es sich nicht nehmen, mit seinem 14-jährigen Sohn eine Wodka-Tonic-Orgie zu entfesseln, die mir selbst Montagnachmittag noch Kopfschmerzen bereitete. Das Mischungsverhältnis zwischen Wodka und Tonic kann ich im Nachhinein nur als teuflisch bezeichnen und natürlich habe ich den kompletten Gig von Attacker verpennt, Asche über mein Haupt. Ebenso den Abholtermin der besten Ehefrau, aber letztlich wurde dann doch noch alles gut.

Bleibt abschließend festzuhalten, dass das SWORDBROTHERS mal wieder das perfekte Festival war, wenn man mal von dem Sound absieht, der zwar nicht schlecht, aber eben halt nicht so perfekt wie bei den ersten drei Mal war. Aber alles andere am und um das Festival herum ist schlicht vorbildlich, sei es das familiäre Ambiente, die fanfreundlichen Preise oder die Tatsache, dass es sich wirklich noch um ein Underground-Festival und keine Kommerz-Veranstaltung handelt. Ich werde jedenfalls am 19.05.2007 wieder da sein, denn bei den bisher bestätigten Bands Emerald (NL), Ignitor, Powervice, Valkyries Cry, Arctic Flame, Desperation und Deja Vu kommt jetzt schon wieder Freude auf. Dazu wird noch ein US-Top-Act aus den glory 80ies kommen, also überlasse ich das Schlusswort Herrn Axe von Solemnity: "Bewegt eure fetten müden Ärsche!!!"

  • Reporter from hell: Stefan Wendle
  • Steel driver: Andrea Wendle
  • Metal side kick: Sigi Ketterer
  • Photos from the pit: Tobias Hanfland
  • Master of the Korrektur: Stefan Schweinert

Review done by Stefan Wendle in 2006.